86Box Logo

Wer eine alte Software, die ein altes Betriebssystem benötigt, weiterbetreiben möchte wird zunächst einmal eine virtuelle Maschine in einem Hypervisor in Betracht ziehen. Windows bringt in der Pro Variante einen mit (Hyper-V), Linux hat mit KVM auch einen an Board und wer die nicht nutzen kann oder möchte, hat die Wahl zwischen einigen Desktop Virtualisierern, die auch in den meisten Fällen einen ordentlichen Job machen - mitunter gar plattformübergreifend (Liste von Virtualisierungsprodukten). Was aber tun, wenn das benötigte Betriebssystem bereits viele Jahre nicht mehr am Markt ist und oben genannte Virtualisierungslösungen längst keine Unterstützung mehr bieten?! Hier kann Emulation der Hardware eine mögliche Option sein. Für ein kleines DOS Spiel tut es noch die DOSBox. Werden spezifische Systemfunktionen oder Treiber vorausgesetzt kann evtl. DOSBoxX weiterhelfen, in dem gar eine Windows 95 Installation lauffähig gemacht werden kann. Geht es auch darüber hinaus, kann ein weiterer Fork weiterhelfen, von dessen Einrichtung auf einem USB Stick (oder USB SSD) dieser Artikel handeln soll: 86Box.

Vorbereitungen

Ich empfehle einen USB Stick (oder USB SSD) nach USB 3.0 Standard (USB 3.1 Gen 1, SuperSpeed 5Gbps) oder schneller mit mindestens 64 GB Speicherplatz - mehr ist hier anzuraten. Allerdings kann ein fertiges Laufwerk später einfach auf ein größeres kopiert werden. Das Laufwerk sollte mit exFAT formatiert werden, da wir es sowohl unter Windows 11 als auch unter Linux nutzen wollen und das Dateisystem von beiden nativ gelesen und beschrieben werden kann und große Dateien (> 4 GB) unterstützt. SSD Laufwerke mit mehr als 2 TB sind damit auch kein Problem.

Software

Der 86Box Emulator kann von GitHub geladen werden. Benötigt werden die Windows (86Box-Windows-64-xxxxxx.zip) und die Linux (86Box-Linux-x86_64-xxxxxx.AppImage) Version des aktuellen Stabel Releases, welches mit Latest markiert ist. Passend dazu wird noch das sogenannte ROM-Set in der selben Version benötigt das auch auf GitHub bereitsteht (hier ist es die Source Code Datei)..

Installation

86Box Verzeichnis

Auf dem exFAT formatierten Laufwerk wird ein Verzeichnis \86Box erstellt und der Inhalt des 86Box-Windows-64-xxxxxx.zip Images drin entpackt und das Linux Image 86Box-Linux-x86_64-xxxxxx.AppImage im Ganzen hineinkopiert. Ich habe es dabei gleich in 86Box.AppImage umbenannt. Innerhalb dieses Verzeichnisse wird jetzt noch ein Verzeichnis \roms erstellt und der Inhalt des Rom-Archivs (roms-x.x.zip) hinein entpackt. roms Verzeichnis

Damit wäre die Installation eigentlich bereits abgeschlossen, würden wir uns ausschließlich im lokalen Dateisystem bewegen. Leider sucht 86Box seine Konfiguration aber im Benutzerverzeichnis wenn wir nichts anderes angeben. So würden Änderungen wie neue emulierte Maschinen auf anderen Rechnern nicht angezeigt werden, selbst wenn sie auf dem externen Laufwerk gespeichert wurden.

Mobilisieren

Um das zu beheben erstellen wir für Linux und Windows je eine Startdatei im Hauptverzeichnis des Laufwerkes.

  • Linux: start.sh
    #! /bin/bash
    ./86Box/86Box.AppImage --vmmpath ./86Box/
  • Windows: start.bat
    start %~d0%~p086Box\86Box.exe --vmmpath ./86Box/

    Für die schickere Laufwerksanzeige in Windows kann zusätzlich eine autorun.inf im Hauptverzeichnis abgelegt werden. Die sollte dann mit den Attributen system + hidden versehen werden.

    [autorun]
    label=86Box
    icon=\86Box\86Box.exe
    open=\86Box\86Box.exe
    action=\86Box\86Box.exe

Nachbereitungen

Ich habe mir im Hauptverzeichnis noch ein Verzeichnis Ressourcen erstellt, in dem ich Treiber (DOS, Windows) sammle, die in den emulierten Maschinen benötigt werden. Fehlende Ressourcen wie Treiber und fehlerhafte Diskettenabbilder Deiner alten Spiele finden sich häufig auf archive.org.

Nutzung

Jetzt kannst Du loslegen. Starte einfach über das erstellte start Skript die Anwendung. Der Start benötigt etwas Zeit, da alle konfigurierten Maschinen gesucht und eingelesen werden müssen. Nicht ungeduldig werden. Im Menü Datei kannst Du Deine erste Neue Maschine erstellen.

86Box_Manager

Da es zu Beginn etwas ernüchternd sein kann eine funktionierende Hardware-Konfiguration zusammenzustellen zeige ich hier noch als Beispiel meine für Windows 98 SE erstellte.

  • System
    • Systemtyp: [1997] Slot 1
    • System: [i440BX] AOpen AX6BC
    • Prozessor-Typ: Intel Pentium Pro
    • Frequenz: 200 MHz
    • Hauptspeicher: 64 MB
  • Anzeige
    • Grafikkarte: [PCI] 3dfx Voodoo3 3000
  • Eingabegeräte
    • Tastatur: AT-Tastatur
    • Maus: PS/2-Maus
  • Ton
    • Soundkarte 1: [ISA] Sound Blaster AWE64 Gold
    • MIDI Ausgabegerät: Roland MT-32-Emulation
  • Netzwerk (Netzwerkkarte 1)
    • Modus: SLiRP
    • Adapter: [PCI] Realtek RTL8029AS
  • Speichercontroller
    • Disketten-Controller: Internes Gerät
    • Festplatte (Controller 1): Internes Gerät
  • Disketten.- & CD-Rom-Laufwerke
    • Diskettenlaufwerk 1: 3,5" 1,44M
    • CD-Rom Laufwerk 1: ATAPI (1:0) 72x

Davon ausgehend sollte eine funktionstüchtige Emulation gelingen. Je nach (in der VM) installiertem Betriebssystem und Treiberverfügbarkeit kann das natürlich variiert werden. Denke dabei daran, das jede Komponente emuliert werden muss, was den PC der das alles ausführt recht stark fordern kann.

Kommentieren lässt sich der Beitrag im Fediverse, wo ich auch gerne Fragen beantworte.

Vorheriger Beitrag Nächster Beitrag